Gerade als er die CD einlegen wollte, bemerkte er ein seltsames Geräusch, das von oben aus der Küche zu kommen schien. Wer war dort oben in der Wohnung? Waren seine Eltern schon wieder zurück? Sicher hatte er sich getäuscht. Wäre ja auch kein Wunder bei dem seltsamen Buch, das er noch vor wenigen Minuten in der Hand gehalten hatte. Wer erst vor kurzem so einen Schwachsinn gelesen hat neigt bestimmt dazu sich Dinge einzubilden, die gar nicht wahr sind, dachte sich Bastian im Stillen und legte die CD ein. Zu laut hallender Musik hämmerte er jetzt wie wild auf den wehrlosen Box-Sack ein, der sich von seinen wilden Schlägen fast in der Luft zu überschlagen schien. Voller Energie schlug Bastian immer wieder wild auf seinen unschuldigen Gegner ein, sodass sich seine ganze Wut entladen konnte, die aufgrund des gerade gelesenen Buches eh schon auf ihren Höhepunkt gesteigert war. In letzter Zeit hatte Bastian nun wirklich allen Grund um wütend zu sein. Seine dummen Lehrer nervten in Tag für Tag mit immer mehr Hausaufgaben und die letzten Prüfungen, auf die er ausnahmsweise mal wirklich gelernt hatte waren nicht gerade glorreich ausgefallen. Außerdem war da ja auch noch das Problem mit den Frauen, das Bastian irgendwie gar nicht zu bewältigen wusste. Früher waren ihm derart nervige Gestalten um es milde auszudrücken ziemlich egal gewesen, eher lästig und wenn dann zum ärgern da. Doch von einem Tag auf den anderen war für Bastian alles anders geworden. Genauer gesagt vor drei Wochen, als er Freitag Abend mit seinen Kumpels in der Disco war. Sie war einfach wunderbar, total hübsch und zudem noch.....Auf einmal hörte Bastian einen lauten Krach, als ob jemand oben in der Wohnung etwas fallen gelassen hatte. Trotz lauter Musik war das Geräusch deutlich zu hören und Bastian war sich sicher, dass er sich diesmal nun wirklich nicht getäuscht hatte. Bastian der gerade noch in Gedanken versunken wie eine programmierte Maschine auf seinen Box-Sack eingeschlagen hatte und über all den Ärger der letzten Zeit nachgedacht hatte stand jetzt bewegungslos da und lauschte. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Was sollte er jetzt nur tun? Konnte er es wagen nach oben zu gehen. Vielleicht waren es ja wirklich nur seine Eltern. Doch sie wären doch schon lange zu ihm in den Keller gekommen und hätten ihm die Musik leiser gedreht, die immer noch laut zwischen den kahlen Kellerwänden hallte. Auf einmal war für Bastian alles klar. Er musste kämpfen! Er würde sich dem, wer auch immer dort oben sein Unwesen trieb gegenüberstellen und alles was ihm gehört verteidigen. Er war ja schließlich kein Feigling. Er war mindestens so mutig wie Peter. Blödsinn, dachte er! Ihm war dieses wirre Buch von heute Nachmittag tatsächlich immer noch nicht ganz aus dem Kopf gegangen. Verärgert über sich selbst und sein: ich werde kämpfen ging er auf seinen CD Player zu und drückte auf die Power Taste. Jetzt war alles totenstill. Diese Stille wirkte auf Bastian mehr als beängstigend. Sollte er es jetzt wirklich wagen und nach oben gehen? Irgendwie war ihm jetzt schon sehr mulmig zu Mute. Als er nach fünf Minuten immer noch wie angewurzelt da stand, packte ihn ein inneres Gefühl , dass ihm sagte: Bastian Du bist doch kein Kleinkind mehr mit dir muss man sich ja schämen! Das Gefühl in ihm wurde immer stärker und brachte ihn endlich dazu sich Richtung Treppe zu bewegen. Mit weichen Knien ging Bastian langsam Treppe für Treppe hinauf, sachte und mit aller Vorsicht um kein Geräusch zu erzeugen, dass auf ihn aufmerksam machen konnte. Oben angekommen drückte er behutsam die Türklinke hinunter. Da war etwas. Ein Rascheln. Ganz deutlich! Angsterfüllt ging Bastian wieder drei Stufen in Richtung Keller. Was war er nur für ein Angsthase? So konnte es nicht weitergehen. Er nahm alle seinen Mut zusammen ging die Stufen wieder nach oben, öffnete die Wohnungstür und ging in Richtung Küche. Er erkannte einen Schatten der sich langsam bewegte. Dieses etwas, was auch immer war schien auf ihn zuzukommen. Er ballte seine Hände zu Fäusten, schloss die Augen und schrie! Ja er schrie, er schrie so laut er nur konnte!! Er wollte nicht aufhören zu schreien und er wollte seine Augen nicht öffnen aus Angst ein Riesen Monster würde ihn jeden Moment überfallen und mit Haut und Haaren verschlingen. So schrie er bis ihm seine Stimme versagte. Mit geschlossenen Augen sank er auf den Boden. Er wollte der Wahrheit, die jetzt wahrscheinlich in atemberaubender Größe vor ihm stand nicht in die Augen schauen. Doch er musste. Er war ein Mann. Einer von der Sorte, die keine Angst kannte und der kein Risiko zu groß war. Im Schneckentempo und mit langsamen Blinzeln öffnete er seine Augen. Was er da sah war einfach unbeschreiblich. Er war gleichzeitig von enormem Ärger aber auch von Erleichterung und Freude erfüllt, wobei das Gefühl der Erleichterung wohl eher dominierte. Was er da sah war einfach zum laut losbrüllen. Seine kleine Katze, Timmi, saß von seinem Geschrei kaum beeindruckt auf dem Boden , zwischen den Scherben einer zerbrochenen Porzellanschale und verstreuten Süßigkeiten. Sie war so damit beschäftigt, die Süßigkeiten zwischen den Porzellansplittern heraus zu sortieren, dass sie Bastian kaum Aufmerksamkeit zukommen ließ.
Bastian war nicht sicher worüber er sich zuerst ärgern sollte. Über seine überflüssigen Angstzustände, über die zerbrochene Porzellanschale, für die garantiert er wieder die Schuld zugeschoben bekommen würde, oder über seine blöde Katze, die die ganze Situation wohl eher belustigend zu finden schien.
Aber er hatte sich noch gar nicht ganz aus seinen Überlegungen befreit, als plötzlich im Wohnzimmer nebenan die Fensterscheibe in tausende von Splittern zersprang. Was war dass? Was er da sah konnte er nun wirklich nicht glauben. Träumte er? Befand er sich in einem dieser verstrickten Actionfilme ? Also das konnte alles sein, aber von der Realität war er in diesem Moment sicher weit entfernt!


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